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Plattenbau Berlin: eine Reise in die architektonische Vergangenheit der Stadt

von Lina Müller
Plattenbau Berlin: eine Reise in die architektonische Vergangenheit der Stadt

In Berlin sind Plattenbauten ein essentieller Bestandteil des Stadtbildes und ihrer Geschichte. Die rasant wachsende Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg machte den Bau von vielen neuen Wohnungen notwendig, um dem Bedarf gerecht zu werden. Hier kommen Plattenbauten ins Spiel – eine schnelle, einfache und kostengünstige Art, große Wohnanlagen in kurzer Zeit hochzuziehen. In diesem Artikel soll es im Speziellen um den Plattenbau im Ortsteil Berlin-Marzahn gehen, seine Entstehungsgeschichte, die damaligen Bauweisen und seinen heutigen Ruf.

Geschichte der Plattenbauten in Berlin

Nach dem Zweiten Weltkrieg war das bebaute Gebiet Berlins stark zerstört und viele Menschen lebten in Notunterkünften. Die Antwort auf diese Krise fand sich in Form der industriell gefertigten Plattenbauten, welche ab den 1960er Jahren begannen, das Stadtbild von Ost-Berlin zu prägen. Sie boten vielfältige Möglichkeiten für neue Wohnraumgestaltung und leisteten einen Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum.

Wiederaufbau und Entwicklung

Zunächst wurden kleinere Plattenbauten, wie etwa Laubengangtypen oder Blockrandbebauungen, in verschiedenen Stadtteilen Berlins errichtet. Ab Mitte der 1970er Jahre entstanden dann durch das sozialistische Städtebauprogramm die ersten groß angelegten Plattenbau-Großsiedlungen, wie beispielsweise Marzahn und Hellersdorf.

Typen von Plattenbauten

Zu den bekanntesten Typen von Plattenbauten gehören:

  • P2: Sakraltar von Holz oder Metall für Rauchopfer
  • QP: Querplattenbau mit Laubengangzugängen
  • WBS 70 und WBS 100: Wohnungsbauserien mit unterschiedlichen Parzellierungsmöglichkeiten
  • RWH: Reihenwohnhaus aus Porenbeton

Diese Bauarten lassen sich nach ihrem äußeren Erscheinungsbild – unter anderem in Form des verwendeten Baumaterials und Stockwerkhöhe sowie der Anordnung der Wohnungen – unterscheiden. Aufgrund der Vielzahl an Typen variieren auch die Raumgrößen und Ausstattungen der einzelnen Wohnungen erheblich, weshalb sie als Einheitsarchitektur nicht als pauschale Bezeichnung taugt.

Die Bauweise von Berliner Plattenbauten

Konstruktion und Fertigung

Die Grundlage der Plattenbauweise besteht aus vorgefertigten Betonelementen, den sogenannten „Großtafeln“. Diese wurden mit Stahl verstärkt und in Fertigteilwerken hergestellt, bevor sie zur Baustelle transportiert wurden. Vor Ort wurden sie mithilfe von Kränen montiert, was zu einer raschen Fertigstellung der Gebäude führte. So konnten bereits wenige Monate nach Beginn der Bauarbeiten die ersten Wohnungen bezogen werden.

Ausstattung und Wohnlichkeit

Trotz des einfachen und effizienten Bausystems wurde auch Wert auf ein gewisses Maß an Wohnlichkeit gelegt. Die Wohnungen verfügten meist über eine Zentralheizung, Balkone oder Loggien sowie Gemeinschaftsgrünflächen und Spielplätze innerhalb der Siedlungsstrukturen.

In den später errichteten Großsiedlungen wurden zudem Ansätze einer funktional getrennten Stadtplanung umgesetzt – das bedeutet, dass neben Wohngebäuden auch Infrastruktureinrichtungen wie Schulen, Kindergärten, Kaufhallen oder Freizeitangebote geschaffen wurden.

Die Großsiedlung Marzahn als Beispiel für Plattenbauten in Berlin

Marzahn entwickelte sich ab Mitte der 1970er Jahre zum größten Geschosswohnungsbauprojekt Berlins und prägt bis heute das dortige Stadtbild. In den ersten Jahren entstanden im Bereich Marzahn-Nord und West vor allem WBS-70-Wohngebäudekomplexe. Ab Ende der 1980er Jahre kamen im Zuge größerer Sanierungsmaßnahmen auch sogenannte „Punkthäuser“ zum Einsatz, welche hinsichtlich der Raumgestaltung und Ausstattung Variantenreichtum aufwiesen.

Das soziale Leben in einer Plattenbausiedlung

Trotz vereinzelter Kritik, die teilweise monoton wirkenden Wohnblöcke würden zu Anonymität führen, entwickelte sich in vielen Plattenbauten ein lebendiges Nachbarschaftsleben. Gemeinsam genutzte Grünflächen, Feste oder informelle Treffpunkte trugen dazu bei, dass sich Bewohner untereinander vernetzen konnten.

Der heutige Ruf der Berliner Plattenbauten

In Zeiten von steigenden Mieten und Wohnraummangel sehen einige Menschen in den Plattenbauvierteln Berlins eine attraktive Alternative, gerade im Hinblick auf ihre bezahlbaren Mietpreise und funktionale Ausstattung.

Gleichzeitig haftet den Großsiedlungen jedoch noch immer das Image des sozialen Brennpunkts an. Ein Grund dafür sind sicherlich die teilweise schlechte Bauqualität und die mangelnde Infrastruktur. Nichtsdestotrotz gibt es inzwischen vielfältige Initiativen zur Aufwertung dieser Siedlungen, sei es durch große bauliche Maßnahmen oder durch gezielte kulturelle und soziale Förderung. So konnten insbesondere in den letzten Jahren einige dieser stigmatisierten Viertel ein positives Image aufbauen und sich auch als kreative Lebensräume etablieren.

Die vielfältige Geschichte, Entwicklung und Fortschritte der Plattenbausiedlungen offenbart das facettenreiche Erbe dieser Wohnform – eine Reise in die architektonische Vergangenheit Berlins, die auch heute noch im Stadtbild sichtbar ist.

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